
TelefonSeelsorge OÖ bietet alkoholkranken Menschen Hilfe ohne Scham
15 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher weisen ein problematisches Trinkverhalten auf, 5 Prozent gelten als alkoholkrank. Neben Krankenhäusern, spezialisierten Einrichtungen und den Anonymen Alkoholikern bietet auch die "TelefonSeelsorge Oberösterreich - Notruf 142" Betroffenen Unterstützung an. Unter dem Motto "Sorgen kann man teilen" erhalten Hilfesuchende rund um die Uhr über Notruf 142, Mail, Chat oder Messenger "ungeteilte Aufmerksamkeit, Entlastung und Wertschätzung", wie die ökumenische Einrichtung betonte. Denn alkoholkranke Menschen leiden neben den körperlichen und psychischen Folgen der Sucht auch unter massivem Schamgefühl. Dieses könne so groß sein, dass Betroffene sich isolieren und keine Hilfe in Anspruch nehmen - obwohl sie diese dringend bräuchten.
Das Angebot der "TelefonSeelsorge OÖ" ist vertraulich und kostenlos. Der erste Austausch sei für viele der erste Schritt, das Schweigen zu brechen, und erleichtere oft den Weg zu mehr Offenheit und Krankheitseinsicht. Hilfe erhalten auch Angehörige, Freundinnen und Freunde sowie Kolleginnen und Kollegen suchtkranker Menschen - denn der Alkoholmissbrauch von Nahestehenden kann tiefgreifende Auswirkungen haben. Auch hier sei Scham ein zentrales Hindernis: Viele Angehörige, insbesondere Frauen, bemühen sich teils über Jahrzehnte, den Schein zu wahren und den Partner zu unterstützen. Doch viele erwachsene Angehörige und Kinder von Alkoholkranken benötigen Hilfe, um sich aus der Co-Abhängigkeit zu lösen und ein eigenständiges Leben zu führen, betonte die "TelefonSeelsorge OÖ".
"Bagatellisiertes Trinkverhalten"
Problematisch sei, dass problematisches Trinkverhalten in Österreich "gern bagatellisiert oder verleugnet" werde, erklärten Silvia Breitwieser, Leiterin der "TelefonSeelsorge OÖ", und Barbara Lanzerstorfer-Holzner, Referentin der Einrichtung, bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Selbst exzessiver Konsum genieße breite gesellschaftliche Akzeptanz. Zudem werde Alkohol oft scherzhaft als vermeintlich gutes "Lösungsmittel" bezeichnet, etwa um Trauer zu betäuben, der bedrückenden Realität zu entkommen oder Schmerz nicht spüren zu müssen. Doch was sich kurzfristig erleichternd anfühlt, berge die Gefahr einer schleichenden Abhängigkeit, warnten die beiden Psychotherapeutinnen.
Die Grenzen zwischen moderatem und riskantem Konsum bis hin zur Suchterkrankung seien fließend, erklärte Primar Kurosch Yazdi-Zorn, Vorstand der Klinik für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin am Kepler Universitätsklinikum in Linz. Zu den Risikogruppen zählten Menschen, die unter Einsamkeit leiden oder unter starkem beruflichen, sozialen oder finanziellen Druck stehen. Bei Jugendlichen sei vor allem das Umfeld, die sogenannte "Peergroup", ein entscheidender Einflussfaktor.
Alkoholismus sei auch längst nicht mehr ein "männliches Problem", auch wenn es mehr männliche Betroffene gibt. Seit etwa 20 Jahren ist laut Yazdi-Zorn die Zahl der alkoholabhängigen Männer rückläufig, jene der Frauen jedoch im Steigen begriffen. Zu einem immer größeren Problem werde das Alter der abhängigen Frauen. Schon 17-Jährige suchten heutzutage in der Ambulanz am Neuromed Campus des Kepler Universitätsklinikums in Linz Hilfe. Einen möglichen Grund für den Anstieg bei Frauen sieht Yazdi-Zorn in der gesellschaftlichen Veränderung bzw. der Emanzipation. "Früher war es für Frauen einfach nicht schicklich, sich in der Öffentlichkeit zu betrinken, bei Männern wirkte es sogar cool!"
Weitere Angebote
Langfristige Hilfe gibt es seit 1974 auch bei den Anonymen Alkoholikern (AA). Die Mitglieder treffen sich regelmäßig, um Erfahrungen und Erkenntnisse auszutauschen. Durch den ständigen Kontakt mit genesenden AA-Freundinnen und -Freunden, das Gemeinschaftsgefühl und gegenseitige Unterstützung könne der Zwang zum Trinken durchbrochen werden.
Eine wichtige Anlaufstelle für Angehörige und Freundinnen und Freunde alkoholkranker Menschen ist "Al-Anon". Die "Al-Anon-Familiengruppen" sind eine weltweite Organisation, die ein Selbsthilfeprogramm speziell für Angehörige anbietet. Bei regelmäßigen Treffen sollen durch Gespräche und Erfahrungsaustausch gemeinsame Probleme gelöst werden.
Quelle: kathpress